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Interaktive 3D-Planung bei angeborenen Herzfehlern: Optimierung der Behandlungserfolge an der Medizinischen Hochschule Hannover

5 Min. Lesezeit|Veröffentlicht Juli 13, 2025
Ein 3D-Modell eines Herzens auf blauem Hintergrund mit verschiedenen Linien und Zahlen

In der Kinderkardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover versammelt sich ein Team um einen Bildschirm. Chirurgen, Kardiologen, Radiologen und klinische Ingenieure diskutieren nicht über 2D-Schnitte, sondern über ein 3D-Modell des Herzens eines Kindes.

Dr. Christoph Happel, Oberarzt und Leiter des Herzkatheterlabors, leitet die Diskussion und stellt Fragen wie: "Was wäre, wenn wir hier einen Patch anbringen?‘" und "Werden wir die Koronararterie freilegen?"

Das virtuelle 3D-Modell gehört zu einem Kind, das in wenigen Tagen im Operationssaal sein wird. Und diese Gespräche zwischen dem Herzteam sowie die Klarheit der interaktiven 3D-Planung sind entscheidend für das Ergebnis des Eingriffs.

Ein fundiertes Verständnis ist die Grundlage für eine adäquate Therapie. Interaktive 3D-Modelle verschaffen uns diese Klarheit auf Anhieb.

— Dr. Christoph Happel

Umfassendes Verständnis für die kleinsten Herzen

Die Behandlung angeborener Herzkrankheiten ist wie das Lösen eines 3D-Puzzles. Doch zu lange haben Ärztinnen und Ärzte versucht, das Problem mit zweidimensionalen CT- oder MRT-Schnitten und Skizzen auf einem Blatt Papier zu lösen Dr. Happel erinnert sich gut an die Frustration: „Wir haben allein 30 Minuten damit verbracht, alle davon zu überzeugen, wo genau bestimmte Gefäße verlaufen“, sagt er. 

Sie suchten nach besseren Möglichkeiten, CT- und MRT-Datensätze zu analysieren, und nach einem Tool, das die Daten in 3D-segmentierte Modelle übersetzt, die komplexe Herzstrukturen präzise abbilden können. Um die bestmögliche Pflege leisten zu können, benötigten sie tiefere Einblicke in medizinische Fragen. Und das Zeitfenster zwischen Bildgebung und Operation ist kurz - oft nur wenige Tage.

Wenn diese Erkenntnisse in ein interaktives 3D-Modell eingearbeitet würden, könnte das gesamte Herzteam die Behandlungsgespräche mit einem gemeinsamen Grundverständnis beginnen, was eine bessere Vorbereitung und klinische Entscheidungen ermöglicht.

Die Suche nach dem richtigen Tool führte sie schließlich zu Materialise Mimics - einer Software, die MRT- und CT-Scans in präzise, interaktive 3D-Modelle umwandelt. In nur 30 bis 45 Minuten segmentieren die Techniker jede Struktur - Vorhöfe, Herzkammern, große Gefäße, chirurgische Transplantate aus früheren Operationen - zu einem fertigen Modell, das farbkodiert, auf jedem Laptop gedreht, in erweiterter Realität betrachtet oder für die praktische Planung in 3D gedruckt werden kann.

Die Auswirkungen waren sofort deutlich: "Jetzt spricht die Anatomie in Sekundenschnelle für sich selbst. Es zeigt auf sehr klare, intuitive Weise, wie die Pathologie bei einem Patienten aussieht". 

Zwei Mitglieder der Kinderkardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover sitzen an einem Tisch und besprechen einen Fall mit Materialise Mimics auf einem Laptop
Dr. Christoph Happel und 3D-Spezialist Petrik Fichte diskutieren einen Fall in Materialise Mimics.

Interaktive 3D-Planung für effiziente Vorbereitung und chirurgische Präzision

Was früher stundenlange manuelle Arbeit erforderte, kann das Team jetzt in weniger als einer Stunde erledigen. Sie haben die 3D-Modellierung nahtlos in ihren Arbeitsablauf integriert und nutzen sie regelmäßig, wobei sie beeindruckende 7 bis 10 Fälle pro Woche bearbeiten. Für Patienten mit komplizierter Anatomie oder nach früheren Operationen oder erneuten Thorakotomien sind die Einblicke, die die 3D-Visualisierung bietet, besonders wertvoll. Sie helfen dem Team, sich schneller auf komplexe Fälle vorzubereiten, und stehen im Einklang mit dem Ziel des Krankenhauses, die Ergebnisse für die Patienten zu verbessern. 

In jedem Fall sieht das Team der Medizinischen Hochschule Hannover die gleichen Vorteile:

  1. Bessere Vorbereitung auf komplexe Fälle. Multidisziplinäre Teams benötigen keine zusätzliche Abstimmungszeit, bevor sie wichtige Entscheidungen treffen. Die interaktive 3D-Planung sorgt dafür, dass das gesamte Herzteam die gleichen anatomischen Kenntnisse hat. Anstatt über die Ausrichtung zu debattieren, können sie sich darauf konzentrieren, den chirurgischen Ansatz zu verfeinern.
  2. Bessere Präzision bei Eingriffen und Operationen. Mit der virtuellen Planung können die Chirurgen und Interventionalisten den Eingriff in einer risikofreien Umgebung üben. Das Team gewinnt mehr Sicherheit bei der Platzierung des Stents oder der Größe des Patches, bevor es mit dem Verfahren beginnt. Tatsächlich berichteten 71 % der Kliniker in einer Studie aus dem Jahr 2018 über verbessertes Management von postoperativen Problemen bei Operationen mit angeborenen Herzerkrankungen durch interaktive 3D-Modelle.
  3. Vereinfachung komplexer Reoperationen. Kinder mit früheren Operationen weisen häufig Narbengewebe und ungewöhnliche Gefäßverläufe auf. Interaktive Modelle ermöglichen es dem Team, die chirurgischen Optionen für komplexe Fälle zu erweitern und sicherere Inzisionsstellen darzustellen, um die Operationszeit und Blutungen zu reduzieren.
  4. Vertrauen der Angehörigen Die Vorfreude auf die Herzoperation eines jungen Angehörigen ist zweifelsohne mit großem Stress verbunden. Erschwerend kommt hinzu, dass solche Verfahren für die Familien schwer zu verstehen sind. Jetzt erklärt das Team den Eltern die Behandlung anhand eines 3D-Modells des einzigartigen Herzens ihres Kindes und nicht mehr anhand eines abstrakten Diagramms. Das Vertrauen wächst, wenn sie genau sehen, was los ist und welche Behandlung vorgeschlagen wird.

"Ich liebe es, ein klares Verständnis davon zu haben, wie die Anatomie aussieht und dieses Wissen mit anderen Menschen zu teilen", erklärt Dr. Happel. "Ein 3D-Modell ist so viel intuitiver als zweidimensionale Schnittbilder Verständnis ist das Erste, was man braucht, um Patienten eine angemessene behandeln zu können. Interaktive 3D-Modelle geben uns diese Klarheit sofort". 

Blick über die Schulter von zwei Mitgliedern des Herzteams der Medizinischen Hochschule Hannover bei der Planung eines angeborenen Herzfehlers mit Materialise Mimics
Das Verständnis der Anatomie ist der erste Schritt zur richtigen Behandlung, und interaktive 3D-Modelle machen dieses Verständnis unmittelbar möglich. Das Team schätzt dies am meisten bei der Arbeit mit Mimics.

Wir stehen erst am Anfang der Entdeckung des tatsächlichen Nutzens von 3D und Simulation im klinischen Kontext.

— Dr. Christoph Happel

Neben den Patientenfällen spielt diese Technologie auch eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung des Herzteams von morgen. Das Team der Medizinischen Hochschule Hannover bietet in Zusammenarbeit mit der LMU München einen Kurs für Auszubildende in der Kinderkardiologie an.

3D-gedruckte Modelle sind das Mittel der Wahl für Bildungszwecke: "Die jungen Mediziner lieben die gedruckten Modelle, weil man buchstäblich alles tun kann, was man auch bei einem Patienten tun würde, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass etwas schief geht. Es ist perfekt." 

Erfolge fördern die Unterstützung der Gemeinschaft

Das Labor von Dr. Happel leistet Pionierarbeit bei lebensverändernden Fortschritten, aber die finanzielle Realität bleibt schwierig. In den meisten europäischen Gesundheitssystemen gibt es immer noch keinen speziellen Erstattungskodex für die 3D-Planung.

Glücklicherweise sprang die PSD Bank Hannover ein. Die Bank erkannte Dr. Happels Engagement an und mobilisierte Spender für eine besondere Spendenaktion, um die richtigen Tools und Schulungen für das Personal zu finanzieren – und beschleunigte so die Umsetzung der Vision des Labors, jeden komplexen Fall angeborener Herzfehler, der in Hannover eintrifft, zu modellieren.“

Happel und sein Team sind dankbar für diese Partnerschaft: "Ohne die Initiative der PSD Bank würden viele Kinder immer noch auf eine Technologie warten, von der wir bereits wissen, dass sie ihnen helfen kann."

"Das ist unsere größte Hürde", gibt Happel zu. "Der Nutzen für die Behandlung der Kinder ist unbestreitbar, doch diese Programme leben von Spenden."

Wie geht es weiter mit der 3D-Planung?

Das Herzteam der Medizinischen Hochschule Hannover hat große Fortschritte gemacht, aber sie sind noch nicht fertig mit ihren Innovationen.

Dr. Happel möchte die virtuelle Operationsplanung weiterentwickeln, indem er weitere Modalitäten in das Modell integriert, wie zum Beispiel die Klappenstrukturen, die aus echokardiographischen Daten gewonnen werden.

Er setzt auch Hoffnungen in die Entwicklung von Simulationen: "Indem wir die geplanten Maßnahmen am Modell simulieren, um die Ergebnisse vorab zu visualisieren, hoffe ich, dass wir noch schneller die beste Alternative für den Patienten ermitteln können."

Für Dr. Happel ist das erst der Anfang. Er empfiehlt Ärzten in anderen Fachrichtungen, die potenziellen Auswirkungen der 3D-Technologie auf ihre Bereiche zu berücksichtigen: "Wann immer man mit der Anatomie eines Patienten arbeitet, lohnt es sich, sie als digitalen Zwilling oder 3D-Modell zu visualisieren, entweder gedruckt oder virtuell. Wir stehen erst am Anfang der Entdeckung des wirklichen Nutzens von 3D und Simulation im klinischen Kontext".

L-104673-01

Die medizinische Software von Materialise ist möglicherweise nicht in allen Märkten verfügbar, da die Verfügbarkeit der Produkte von den jeweiligen regulatorischen Bestimmungen und/oder medizinischen Praktiken abhängt In Ländern, in denen keine behördliche Zulassung von Mimics und/oder 3-matic Medical vorliegt, ist eine Forschungsversion erhältlich. Bitte wenden Sie sich an Ihren Materialise-Ansprechpartner, wenn Sie Fragen zur Verfügbarkeit der medizinischen Software von Materialise in Ihrer Region haben.


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Dr. med. Christoph M. Happel, PhD

Biografie

Dr. med. Christoph M. Happel, PhD

Dr. med. Christoph M. Happel ist Oberarzt im Herzkatheterlabor der Abteilung Pädiatrische Kardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Sein Medizinstudium absolvierte er an der Universität Frankfurt am Main. Nach Tätigkeiten am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und in der Anästhesie des Universitätsklinikums Heidelberg kam er 2001 an die MHH. Sein Schwerpunkt ist die pädiatrische Intensivmedizin und Kinderkardiologie. Als Kinderkardiologe arbeitete er von 2013 bis 2015 als Oberarzt im Bereich der interventionellen Therapie angeborener Herzfehler am Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen und am Kinderherzzentrum des Universitätsklinikums Gießen. Seit Mitte 2015 ist er Leiter des Herzkatheterlabors an der MHH.  


Zu den Schwerpunkten von Dr. Happel gehören die interventionelle Therapie und die Diagnose von angeborenen Herzfehlern. Er setzt sich für die Minimierung von Risiken und den Einsatz innovativer Verfahren ein, wie zum Beispiel die Integration von bildgebenden Datensätzen in die interventionelle Therapie. Er ist Mitglied der Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (GPK). 

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