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INTERVIEW

„Langfristige Perspektive und Anpassungsfähigkeit“: Die belgische Mobilitätsbeauftragte Emmanuelle Vandamme zu Besuch bei Materialise

3 Min. Lesezeit

Materialise kann auf eine lange Erfolgsbilanz als Hersteller für stark regulierte Industrien, wie z.B. die Luft- und Raumfahrt, verweisen. Sechs Jahre nach Erhalt der Zertifizierung zur Herstellung von Ersatzteilen für Flugzeuge produziert Materialise nun über 26.000 Teile pro Jahr allein für das Airbus A350-System. In Anerkennung dieser Leistung und der zunehmenden Reife der AM-Fertigung in der Luft- und Raumfahrt, haben wir kürzlich einen Ehrengast empfangen.

Der Föderale Öffentliche Dienst (FÖD) Mobilität und Transport ist Belgiens oberstes politisches Entscheidungsorgan für das Transportwesen. Emmanuelle Vandamme leitet den FÖD seit 2019 und ist Vorsitzende des Verwaltungsausschusses. Als Teil ihrer Initiative, Unternehmen zu besuchen, die sie als innovativ in diesem Bereich wahrnehmen, begrüßten wir Frau Vandamme und ihr Team bei Materialise, damit sie einen Blick hinter die Kulissen unserer AM-Anlagen werfen konnten.

Herzlich willkommen bei Materialise, Frau Vandamme. Bitte erzählen Sie uns ein wenig über sich; Ihre wichtigste Aufgabe bei FÖD Mobilität und die Ziele und Herausforderungen, mit denen Sie sich täglich auseinandersetzen.

Ich bin seit 20 Jahren im öffentlichen Sektor tätig. Im Mittelpunkt meiner Tätigkeit steht die Innovation in zwei Bereichen: Arbeitsprozesse und Human Resources auf der einen Seite und technologische Innovation auf der anderen Seite. Mobilität ist ein dynamischer Sektor, der diese beiden Bereiche sehr gut miteinander verbindet. Meine jetzige Position als Vorsitzende des FÖD Mobilität und Verkehr habe ich 2019 übernommen. Die Abteilung hat ein umfangreiches Aufgabenfeld, denn wir decken sowohl den Straßenverkehr als auch die Luftfahrt, die Schifffahrt und den Schienenverkehr ab. Mein Schwerpunkt liegt dort auf der Gewährleistung der Sicherheit für die Endnutzer.

Wie gehen Sie normalerweise an diese Aufgabe heran, die Sicherheit zu gewährleisten? Mussten Sie Ihre Methoden aufgrund der COVID-Krise ändern?

Absolut. Das konventionellste Werkzeug, das wir haben, ist das Auditing, und das wurde natürlich durch die neuen Arbeitsbedingungen seit COVID großen Veränderungen unterzogen. Wie alle anderen standen auch wir vor der Herausforderung, schnell zu digitalisieren. Aber das ist ein schwieriger Balanceakt. Wir arbeiten hart daran, unsere Teams bei der virtuellen Durchführung von Audits zu unterstützen, aber eine gründliche Inspektion erfordert ein gewisses Maß an Anwesenheit vor Ort. Hier mussten wir die Balance zwischen der Möglichkeit der Vor-Ort-Arbeit und der Gewährleistung der Sicherheit unserer Mitarbeiter finden.

Außerdem ist die Funktion eines Auditors traditionell sehr reaktiv. Die Implementierung ordnungsgemäßer Prozesse ist ein kontinuierliches Unterfangen, und wir wollen die Branche dabei proaktiver unterstützen. Deshalb haben wir in den letzten zwei Jahren viel an der engen Zusammenarbeit mit relevanten Organisationen gearbeitet, vor allem in den Bereichen Luftfahrt und Schifffahrt.

Ein Beispiel dafür ist unser heutiger Besuch bei Materialise! Was denken Sie über den heutigen Stand des 3D-Drucks und insbesondere über den Lösungsansatz von Materialise für die Fertigung in der Luft- und Raumfahrt?

Als wir vorhin die Tour durch die Räumlichkeiten für den 3D-Druck gemacht haben, war mein erster Gedanke: „Unglaublich!“ Ich bin beeindruckt von der langfristigen Perspektive und der Anpassungsfähigkeit, die Materialise angesichts der sich ändernden Anforderungen der Branche zeigt.

Neue Technologien erfordern auch einen anderen Ansatz bei der Regulierung. Wenn es um Technologien wie den 3D-Druck geht, ist es für uns unerlässlich, unsere Prüfteams richtig auszustatten. Nicht nur mit Daten, sondern indem wir ein Interesse und gar eine Leidenschaft für die Technologie kultivieren, damit sie in der Lage sind, gründliche Inspektionen durchzuführen. Partnerschaften mit Unternehmen wie Materialise sind hier der Schlüssel.

Unser Ziel ist es wiederum, die Rolle des Prüfers weg von einer reaktiven hin zu einer eher proaktiven Position zu verändern. Audits sind wie das Examen am Ende des Jahres: Wenn man das ganze Jahr über seine Aufgaben richtig gemacht hat, dann sollte das Ergebnis der Abschlussprüfung keine Überraschung sein. Deshalb pflegen wir Partnerschaften innerhalb der Branche und bauen intensivere Kommunikationskanäle auf, denn wir wollen sicherstellen, dass Unternehmen wie Materialise den Spielraum für Innovationen haben.

Auf welche Innovationen und Trends im Mobilitätsbereich sind Sie besonders gespannt?

Man sieht eine Vielzahl von Initiativen, bei denen Nachhaltigkeit im Mittelpunkt steht. Wir haben zum Beispiel kürzlich ein Webinar zu Mobility as a Service (MaaS) durchgeführt, das als eine der Lösungen für nachhaltige, barrierefreie Mobilität immer mehr Anerkennung findet. Im Allgemeinen schreitet der Technologiesektor viel schneller voran als die Politik. Das ist unsere zentrale Herausforderung – das Gleichgewicht zu finden, bei dem wir Innovationen unterstützen und sowohl im Rahmen der Politik als auch des Green Deal arbeiten. Beim FÖD sehen wir uns als Vermittler; wir schaffen öffentlich-private Partnerschaften und haben einen eigenen Forschungsbereich zur Unterstützung von Innovationen. Letztendlich geht es um eine starke Zusammenarbeit zwischen Industrie und Politik.


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